Dokumentenarchivierung und elektronische Ablage

11. 12. 2020 | GSD Software® News

  1. Elektronische Dokumentenarchivierung
    1. Definitionen
    2. Zehn Merksätze zur revisionssicheren Archivierung
    3. Umsetzung der Anforderungen in elektronischen Archivsystemen
    4. Funktionale Anforderungen an ein elektronisches Archivsystem
    5. Speichertechnologien für die elektronische Archivierung
    6. Strategien zur Sicherstellung der Verfügbarkeit archivierter Information
    7. Rechtliche und regulative Vorgaben für die elektronische Dokumentenarchivierung
    8. Weiterentwicklung
  2. Revisionssicherheit
    1. Merkmale der Revisionssicherheit bei der elektronischen Archivierung
    2. Zertifizierung der Revisionssicherheit von elektronischen Archivsystemen
    3. Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme
  3. Rechtliches
    1. HGB §238 Buchführungspflicht
    2. HGB §239 Führung der Handelsbücher
    3. HGB §257 Aufbewahrung von Unterlagen. Aufbewahrungsfristen
    4. AO 1977 §146 Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen
    5. AO 1977 §147 Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagen

1. Elektronische Dokumentenarchivierung

Elektronische Dokumentenarchivierung steht für die unveränderbare, langzeitige Aufbewahrung elektronischer Information. Für die elektronische Dokumentenarchivierung werden in der Regel spezielle Archivsysteme eingesetzt. Der Begriff elektronische Dokumentenarchivierung fasst unterschiedliche Komponenten zusammen, die im angloamerikanischen Sprachgebrauch separat als „Records Management“, „Storage“ und „Preservation“ bezeichnet werden. Der wissenschaftliche Begriff eines Archivs und der Archivierung ist inhaltlich nicht identisch mit dem Begriff, der von der Dokumentenmanagementbranche verwendet wird.

Der Begriff der elektronischen Archivierung wird sehr unterschiedlich benutzt. Während heute Unternehmen schon Aufbewahrungsfristen von 10 Jahren für handelsrechtlich und steuerlich relevante Daten und Dokumente als nur sehr schwierig umsetzbar sehen, wird in historischen Archiven von einer sicheren, geordneten und jederzeit zugreifbaren Aufbewahrung von Informationen mit Speicherzeiträumen von 100, 200 oder gar 300 Jahren gesprochen. Angesichts der sich ständig verändernden Technologien, immer neuer Software, Formate und Standards, eine gigantische Herausforderung für die Informationsgesellschaft.

Archivierung ist kein Selbstzweck. Die Aufbewahrung, Erschließung und Bereitstellung von Information ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Arbeitsfähigkeit moderner Unternehmen und Verwaltungen. Mit dem exponentiellen Wachstum elektronischer Information wachsen die Probleme der langzeitigen Aufbewahrung obwohl moderne Softwaretechnologien wesentlich besser geeignet sind, Informationen zu verwalten, als dies herkömmlich mit Papier, Aktenordner und Regalen möglich war. Immer mehr Information entsteht digital und die Ausgabe als Papier ist nur noch eine mögliche Repräsentation des ursprünglichen elektronischen Dokuments. Durch den Einsatz elektronischer Signaturen erhalten elektronische Dokumente den gleichen Rechtscharakter wie ursprünglich manuell unterzeichnete Schriftstücke. Solche digitalen Dokumente existieren rechtskräftig nur noch in elektronischer Form. Diese Entwicklungen zwingen inzwischen jedes Unternehmen sich verstärkt mit dem Thema elektronische Dokumentenarchivierung auseinander zu setzen.

1.1 Definition

In Deutschland haben sich für die elektronische Archivierung zwei Definitionen eingebürgert:

Elektronische Langzeitarchivierung

Man spricht von Langzeitarchivierung, wenn die Informationen mindestens 10 Jahre und länger aufbewahrt und zugreifbar gehalten werden. Der Begriff Langzeitarchivierung ist im Prinzip ein „weißer Schimmel“, ein Pleonasmus, da Archivierung den Langzeitaspekt bereits impliziert.

Revisionssichere elektronische Archivierung

Man spricht von revisionssicherer Archivierung, wenn die Archivsystemlösung den Anforderungen des Handelsgesetzbuches §§ 239, 257 HGB sowie der Abgabenordnung und den GoBS an die sichere, ordnungsgemäße Aufbewahrung von kaufmännischen Dokumenten entspricht und die Aufbewahrungsfristen von sechs bis zehn Jahren erfüllt. Das HGB und die Abgabenordnung (AO) geben hier die Grundlagen für die Speicherung vor, unabhängig ob in herkömmlichen Papierarchiven oder elektronischen Systemen:

Ordnungsmäßigkeit

Vollständigkeit

Sicherheit des Gesamtverfahrens

Schutz vor Veränderung und Verfälschung

Sicherung vor Verlust

Nutzung nur durch Berechtigte

Einhaltung der Aufbewahrungsfristen

Dokumentation des Verfahrens

Nachvollziehbarkeit

Prüfbarkeit

Diese Kriterien sind fachlich definiert und bedürfen der Interpretation, wenn es um die Umsetzung in technischen Systemen geht. Die Anforderungen sind in den „Grundsätzen der elektronischen Archivierung“ des VOI (Verband Organisations- und Informationssysteme e.V.) zusammengefasst worden. Die Definition für revisionssichere Archivierung stammt von Ulrich Kampffmeyer bereits aus dem Jahr 1992. International ist die Funktionalität und der Umfang von elektronischen Archiven in der ISO Norm 17421 und der von Records Management Systemen in der ISO 15489 definiert. In Deutschland kann unter dem Aspekt der Sicherheit und Prüfung von Archivsystemen das BSI Grundschutzhandbuch (Kapitel 9.5) herangezogen werden.

1.2. Zehn Merksätze zur revisionssicheren Archivierung

Die folgenden 10 Merksätze zur revisionssicheren elektronischen Archivierung stammen von VOI Verband Organisations- und Informationssysteme e. V.:

  1. Jedes Dokument muss unveränderbar archiviert werden.
  2. Es darf kein Dokument auf dem Weg ins Archiv oder im Archiv selbst verloren gehen.
  3. Jedes Dokument muss mit geeigneten Retrievaltechniken wieder auffindbar sein.
  4. Es muss genau das Dokument wiedergefunden werden, das gesucht worden ist.
  5. Kein Dokument darf während seiner vorgesehenen Lebenszeit zerstört werden können.
  6. Jedes Dokument muss in genau der gleichen Form, wie es erfasst wurde, wieder angezeigt und gedruckt werden können.
  7. Jedes Dokument muss zeitnah wiedergefunden werden können.
  8. Alle Aktionen im Archiv, die Veränderungen in der Organisation und Struktur bewirken, sind derart zu protokollieren, dass die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes möglich ist.
  9. Elektronische Archive sind so auszulegen, dass eine Migration auf neue Plattformen, Medien, Softwareversionen und Komponenten ohne Informationsverlust möglich ist.
  10. Das System muss dem Anwender die Möglichkeit bieten, die gesetzlichen Bestimmungen (BDSG, HGB/AO etc.) sowie die betrieblichen Bestimmungen des Anwenders hinsichtlich Datensicherheit und Datenschutz über die Lebensdauer des Archivs sicherzustellen.

1.3. Umsetzung der Anforderungen in elektronischen Archivsystemen

Zur Erfüllung dieser Vorgaben wurden Archivsysteme bestehend aus Datenbanken, Archivsoftware und Speichersystemen geschaffen, die in Deutschland von zahlreichen Herstellern und Systemintegratoren angeboten werden. Diese Systeme basieren meistens auf dem Ansatz über eine Referenzdatenbank mit den Verwaltungs- und Indexkriterien auf einen externen Speicher zu verweisen, in dem die Informationsobjekte gehalten werden. Diese sogenannte Referenz-Datenbank-Architektur war notwendig, um große Mengen von Informationen von den zwar schnellen aber teueren Online- Speichern in separate Archivspeicher auszulagern. Die Datenbank erlaubt über den Index dabei jederzeit das Dokument wieder zu finden und mit einem entsprechenden Anzeigeprogramm dem Anwender bereitzustellen. In den Frühzeiten dieser Technologie handelte es sich meistens um sehr geschlossene, eigenständige Systeme, die praktisch zu „Inseln“ in der IT-Landschaft führten. Heute gliedern sich Archivsysteme als nachgeordnete Dienste in die IT-Infrastruktur ein, werden direkt von Bürokommunikations- und Fachanwendungen bedient und stellen diesen Anwendungen auch die benötigten Informationen zur Verarbeitung und Anzeige wieder zur Verfügung. Für den Anwender ist es dabei unerheblich, wo die benötigte Information gespeichert ist, Archivspeichersysteme und die Speicherorte der Dokumente sind für ihn unerheblich. Die Diskussion um das „richtige“ Speichermedium für die elektronische Archivierung führen meistens nur die IT-Fachleute, Projektmitarbeiter und Rechtsabteilungen, wenn es um die Auswahl und Einführung eines elektronischen Archivsystems geht.

1.4. Funktionale Anforderungen an ein elektronisches Archivsystem zur Dokumentenarchivierung

Elektronische Archivsysteme zeichnen sich durch folgende eigenständige Merkmale aus:

programmgestützter, direkter Zugriff auf einzelne Informationsobjekte, landläufig auch Dokumente genannt, oder Informationskollektionen, z.B. Listen, Container mit mehreren Objekten etc.

programmgestützter, direkter Zugriff auf einzelne Informationsobjekte, landläufig auch Dokumente genannt, oder Informationskollektionen, z.B. Listen, Container mit mehreren Objekten etc.

datenbankgestützte Verwaltung der Informationsobjekte auf Basis von Metadaten und gegebenenfalls Volltexterschließung der Inhalte der archivierten Informationsobjekte

Unterstützung verschiedener Indizierungs- und Recherchestrategien, um auf die gesuchte Information direkt zugreifen zu können

Einheitliche und gemeinsame Speicherung beliebiger Informationsobjekte, vom gescannten Faksimile über Word-Dateien bis hin zu komplexen XML-Strukturen, Listen oder ganzen Datenbankinhalten

Verwaltung von Speichersystemen mit nur einmal beschreibbaren Medien einschließlich des Zugriffs auf Medien die sich nicht mehr im Speichersystem direkt befinden

Sicherstellung der Verfügbarkeit der gespeicherten Informationen über einen längeren Zeitraum, der Jahrzehnte betragen kann

Bereitstellung von Informationsobjekten unabhängig von der sie ursprünglich erzeugenden Anwendung auf verschiedenen Clienten und mit Übergabe an andere Programme

Unterstützung von „Klassen-Konzepten“ zur Vereinfachung der Erfassung durch Vererbung von Merkmalen und Strukturierung der Informationsbasis

Konverter zur Erzeugung von langfristig stabilen Archivformaten und Viewer zur Anzeige von Informationsobjekten, für die die ursprünglich erzeugende Anwendung nicht mehr zur Verfügung steht

Absicherung der gespeicherten Informationsobjekte gegen unberechtigten Zugriff und gegen Veränderbarkeit der gespeicherten Information

Übergreifende Verwaltung unterschiedlicher Speichersysteme, um z.B. durch Zwischenspeicher (Caches) schnellen Zugriff und zügige Bereitstellung der Informationen zu gewährleisten

Standardisierte Schnittstellen, um elektronische Archive als Dienste in beliebige Anwendungen integrieren zu können

Eigenständige Wiederherstellungsfunktionalität (Recovery), um inkonsistent gewordene oder gestörte Systeme aus sich heraus verlustfrei wieder aufbauen zu können

Sichere Protokollierung von allen Veränderungen an Strukturen und Informationsobjekten, die die Konsistenz und Wiederauffindbarkeit gefährden können und dokumentieren, wie die Informationen im Archivsystem verarbeitet wurden

Unterstützung von Standards für die spezielle Aufzeichnung von Informationen auf Speichern mit WORM-Verfahren, für gespeicherte Dokumente und für die Informationsobjekte beschreibende Metadaten um eine langfristige Verfügbarkeit und die Migrationssicherheit zu gewährleisten

Unterstützung von automatisierten, nachvollziehbaren und verlustfreien

Migrationsverfahren

All diese Eigenschaften sollten deutlich machen, dass es nicht um hierarchisches Speichermanagement oder herkömmliche Datensicherung geht. Elektronische Archivsysteme für die Dokumentenarchivierung sind eine Klasse für sich, die als nachgeordnete Dienste in jede IT-Infrastruktur gehören.

1.5. Speichertechnologien für die elektronische Dokumentenarchivierung

Bei den elektronischen Speichertechnologien muss man heute eine Trennung zwischen der Verwaltungs- und Ansteuerungssoftware einerseits und den eigentlichen Speichermedien andererseits machen. Herkömmliche magnetische Speichermedien gelten als nicht geeignet für die elektronische Dokumentenarchivierung, da die gespeicherten Informationen jederzeit geändert und überschrieben werden können. Dies betrifft im besonderen Maße Festplatten, die von Betriebssystemen dynamisch verwaltet werden. Magnetische Einflüsse, „Head-Crashs“ und andere Risiken wiesen den Festplatten die Rolle der reinen Onlinespeicher zu. Bei Magnetbändern kam neben der Löschbarkeit hinzu, dass diese hohen Belastungen und Abnutzungen sowie magnetischen Überlagerungen bei zu langer Aufbewahrung unterliegen. In den 80er Jahren wurden daher spezielle digital-optische Speichermedien entwickelt, die in ihrem Laufwerk mit einem Laser berührungsfrei nur einmal beschrieben werden können. Diese Speichertechnologie bezeichnet man als WORM „Write Once, Read Multiple Times“. Die Speichermedien selbst waren durch ihre physikalischen Eigenschaften gegen Veränderungen geschützt und boten eine wesentliche höhere Lebensdauer als die bis dahin bekannten magnetischen Medien.

In diese Kategorie von Speichermedien fallen heute folgende Typen:

CD-WORM

Nur einmal beschreibbare Compact Disk Medien mit ca. 650 MegaByte Speicherkapazität. Die Speicheroberfläche im Medium wird beim Schreiben irreversibel verändert. CD-Medien sind durch die ISO 9660 standardisiert und kostengünstig. Die Qualität mancher billigeren Medien ist aber für eine Langzeitarchivierung als nicht ausreichend zu erachten. Für Laufwerke und Medien gibt es zahlreiche Anbieter. Die Ansteuerung der Laufwerke wird von den Betriebssystemen direkt unterstützt.

DVD-WORM

Ähnlich wie bei der CD wird bei der DVD-WORM die Speicheroberfläche irreversibel im Medium verändert. DVD’s sind derzeit noch nicht einheitlich genormt und bieten unterschiedliche Speicherkapazitäten zwischen 4 und 17 GigaByte. Beim Einsatz für die Dokumentenarchivierung ist daher darauf zu achten, das Laufwerk und Medien den Anforderungen der langzeitigen Verfügbarkeit gerecht werden. Es gibt auch hier zahlreiche Anbieter und die meisten Laufwerke werden auch direkt von den gängigen Betriebssystemen unterstützt.

5¼“ WORM

Bei diesen Medien und Laufwerken handelt es sich um die traditionelle Technologie, die speziell für die elektronische Archivierung entwickelt wurde. Die Medien befinden sich in einer Schutzhülle und sind daher gegen Umwelteinflüsse besser gesichert, als CD und DVD, die für den Consumer-Markt entwickelt wurden. Die Medien werden mit einem Laser beschrieben und bieten eine äußerst hohe Verfälschungssicherheit. Der derzeitige Stand der Technik sind sogenannte UDO-Medien, die einen blauen Laser verwenden und eine Speicherkapazität von 50 GigaByte bieten. Zukünftig ist mit noch deutlich höheren Kapazitäten je Medium zu rechnen. Nachteilig ist, dass Medien der vorangegangenen Generationen von 5¼“-Medien in den neuen Laufwerken nicht verwendet werden können. Von diesen sind noch mehrere verschiedene Technologien am Markt verfügbar. Für den Anschluss von 5 ¼“- Laufwerken ist spezielle Treibersoftware notwendig. Für die Verwaltung und Nutzung der Medien sind sogenannte Jukeboxen, Plattenwechselautomaten, gebräuchlich. Diese stellen softwaregestützt die benötigten Informationen von Medien bereit. Die Software ermöglicht es in der Regel auch, Medien mit zu verwalten, die sich nicht mehr in der Jukebox befinden und auf Anforderung manuell zugeführt werden müssen. Die Software zur Ansteuerung von Jukeboxen wird direkt in die Archivsoftware integriert aber auch als unabhängige Ansteuerungssoftware angeboten. Zum Anschluss von Jukeboxen bedient man sich in der Regel eigener Server, die auch die Verwaltung und das Caching übernehmen. Inzwischen können solche Systeme aber auch als NAS Network attached Storage oder integriert in SAN Storage Area Networks genutzt werden. Die Software ermöglicht dabei respektable Zugriffs- und Bereitstellungszeiten, die im Regelfall ein ausreichendes Antwortzeitverhalten garantieren.

Neben diese klassischen Archivspeicher, die auf rotierenden, digital-optischen Wechselmedien basieren, treten inzwischen zwei weitere Technologien:

CAS Content Adressed Storage

Hierbei handelt es sich um Festplattensysteme, die durch spezielle Software die gleichen Eigenschaften wie ein herkömmliches WORM-Medium erreichen. Ein Überschreiben oder Ändern der Information auf dem Speichersystem wird durch die Kodierung bei der Speicherung und die spezielle Adressierung verhindert. Bei diesen Speichern handelt es sich um abgeschlossene Subsysteme, die allerdings nahezu wie herkömmliche Festplattensysteme direkt in die IT-Umgebung integriert werden können. Sie bieten Speicherkapazitäten mit hoher Performance im TeraByte-Bereich.

WORM-Tapes

WORM-Tapes sind Magnetbänder, die durch mehrere kombinierte Eigenschaften ebenfalls die Anforderungen an ein herkömmliches WORM-Medium erfüllen. Hierzu gehören spezielle Bandmedien sowie geschützte Kasetten und besondere Laufwerke, die die Einmalbeschreibbarkeit sicherstellen. Besonders in Rechenzentren, in denen Bandroboter und Librarysysteme bereits vorhanden sind, stellen die WORM-Tapes eine einfach zu integrierende Komponente für die Langzeitarchivierung dar. Die vorhandene Steuersoftware kann mit den Medien umgehen und auch entsprechendes Umkopieren und Sichern automatisieren. Besonders für größere Unternehmen und Verwaltungen mit Rechenzentren stellen Festplatten- oder WORM-Tape-Archive eine Option dar, da sie sich einfach in den laufenden Betrieb integrieren lassen.

1.6. Strategien zur Sicherstellung der Verfügbarkeit archivierter Information

Standardisierung

Wesentliche Voraussetzung für die langfristige Verfügbarmachung elektronischer Information ist die Einhaltung von Standards. Zu berücksichtigen sind Aufzeichnungsformate, Metadaten, Medien und die Dateiformate der Informationsobjekte selbst. Schon bei der Erzeugung von Daten sollte die langfristige Speicherung berücksichtigt werden. Langzeitig stabile Formate sollten bevorzugt verwendet werden. Eigenschaften eines solchen Formats sollten eine weite Verbreitung, eine offene Spezifikation (Norm) oder die spezielle Entwicklung als Format zur langfristigen Datenspeicherung sein. Beispiele sind XML-Dateien, TIFF und PDF-Archive.

Migration

Eine Methode zur Sicherstellung der Verfügbarkeit ist die Migration von Information in eine neue Systemumgebung. Sie stellt unter Umständen ein Risiko dar, wenn die Informationen nicht nachweislich unverändert, vollständig und weiterhin uneingeschränkt wieder findbar von einer Systemlösung auf eine andere migriert werden. Originalität und Authentizität können durch eine Migration in Frage gestellt werden. Anderseits zwingt der technologische Wandel die Anwender auf neue Speicher- und Verwaltungskomponenten rechtzeitig zu wechseln, um die Information verfügbar zu halten. Die Migration ist daher bereits bei der Ersteinrichtung eines Archiv- und Speichersystems zu planen, um ohne Risiko und Aufwand den Wechsel vollziehen zu können. Kontrollierte, verlustfreie, „kontinuierliche Migration“ ist zur Zeit die wichtigste Lösung, Information über Jahrzehnte und Jahrhunderte verfügbar zu halten. Das Thema Migration wurde durch die Veränderungen und die Konsolidierung des Dokumentenmanagement-Marktes mit dem Verschwinden von zahlreichen Anbietern häufig diskutiert. Der Wegfall einzelner Produkte zwingt zur Migration auf andere Formate, manchmal mit Hilfe eines eigenen Migrationsprogramms. Wer ein Archivsystem zur Dokumentenarchivierung einführt, muss sich daher von Anbeginn an mit dem Thema Migrationsplanung beschäftigen.

Emulation

In der wissenschaftlichen Welt wird noch ein zweites Modell ähnlich stark diskutiert: Emulation. Emulation heißt, die Eigenschaften eines älteren Systems so zu simulieren, dass damit auch Daten dieses Systems mit neueren Computern und Betriebssystemen wieder genutzt werden können. Beispiele gibt es einige, zum Beispiel bei Computerspielen oder Apple-Computern. Diese Lösungsstrategie wird im Bereich der langfristigen Datenspeicherung aber noch nicht in größerem Ausmaß eingesetzt. Nachteile sind, dass der Aufwand künftiger Emulationsschritte nicht planbar ist und bei einem zu großen Paradigmenwechsel eines Tages vielleicht gar nicht mehr durchführbar ist. Diese Nachteile gelten in ähnlicher Form auch für nicht rechtzeitig durchgeführte Migrationen.

Konversion zur Laufzeit

Lassen sich die Formate der zu speichernden Informationsobjekte nicht kontrollieren und nicht auf wenige Langzeitformate einschränken, sind Konverter und Viewer systemseitig ständig vorzuhalten, die ältere Formate in anzeigbare Formate beim Aufruf der Objekte wandeln. Dies führt mittelfristig zu einer Vielzahl von bereitzuhaltenden Konvertern und Viewern, für die eine eigenständige Verwaltung erforderlich ist, um zu einem älteren Informationsobjekt den jeweils passenden, aktuellen Konverter aufrufen zu können. Die Konversion zur Laufzeit unterscheidet sich von der Emulation dadurch, dass nicht eine ältere Umgebung aufgerufen, sondern das Objekt für die aktuelle Umgebung gewandelt wird. Spezielle Eigenschaften von Formaten, elektronische Signaturen und Digital-Rights- Management-Komponenten können hierbei, ebenso wie bei den anderen Verfahren, zu Problemen führen.

1.7. Rechtliche und regulative Vorgaben für die elektronische Dokumentenarchivierung

Das Thema Archivierung und Langzeitspeicherung hat in den letzten Jahren besonders durch rechtliche und regulative Vorgaben an Bedeutung gewonnen. Die Gleichbehandlung von digitalen Dokumenten mit elektronischer Signatur wie herkömmlichen Papierdokumente, der Sarbanes-Oxley Act und andere Compliance-Anforderungen in den USA, die Diskussion um die Archivierung steuerrelevanter Daten entsprechend den GDPdU in Deutschland machen revisionssichere Archiv- und Speichersysteme erforderlich. Im Rahmen der Diskussion der gesetzlichen Anforderungen stellte sich häufig die Frage nach dem „richtigen“ Speichermedium. Traditionelle WORM-Medien, die physisch nur einmal beschreibbar sind, erhoben den Anspruch die einzig richtigen Speichermedien zu sein. Die Hersteller von Festplattensystemen und WORM-Tapes konterten. Grundsätzlich gilt jedoch, dass Gesetze und Verordnungen medienneutral sind (oder sein sollten), da angesichts der langfristigen Aufbewahrungszeiträume auch Technologiewechsel berücksichtigt werden müssen. Das richtige Medium gibt es daher nicht. Das gesamte Verfahren der Archivierung muss geschlossen und sicher sein. Dies geht über die Frage der Laufwerke und Medien hinaus und bezieht auch die organisatorischen Prozesse mit ein.

1.8. Weiterentwicklung

Die Elektronische Archivierung entspricht der „Preserve„-Komponente im Enterprise-Content- Management-Modell.
Quelle: AIIM / PROJECT CONSULT 2003
Entscheidend für den Einsatz von Archiv-Speichertechnologien ist inzwischen die Software geworden. Sie sichert unabhängig vom Medium die Unveränderbarkeit der Information, sie ermöglicht den schnellen Zugriff und sie verwaltet gigantische Speichermengen. Bisher waren elektronische Archive eine spezielle Domäne der Archivsystemanbieter. Nunmehr wird aber die Speichertechnologie selbst immer intelligenter. Systemmanagement- und Speicherverwaltungssoftware verwalten inzwischen auch die elektronischen Archive. Zusätzlich kann immer noch ein herkömmliches Archiv-, Records- Management- oder Content-Management-System für die inhaltliche Strukturierung, die Ordnung, Erschließung und Bereitstellung der Informationen eingesetzt werden. Die Speichersystemanbieter rüsten jedoch auf. Ihr Ziel ist es, Archivspeicher als Infrastruktur betriebssystemnah und für alle Anwendungen gleich bereitzustellen: Dieser Trend im Jahr 2003 wird ILM Information Lifecycle Management genannt und soll die elektronische Archivierung einschließen. Besonders das Versprechen, das ILM Migrationen unnötig macht oder automatisiert, weckt bei vielen Anwendern Interesse. Der Anspruch an ILM ist dabei deutlich jenseits des herkömmlichen HSM, Hierarchisches- Speicher-Management, angesiedelt. Es geht zunehmend um die Software zur Verwaltung des gesamten Lebenszyklus von Information anstelle von reiner Speicherhardware. Elektronische Archivierung wird als nachgeordneter Dienst eingesetzt, der in Enterprise-Content-Management-Lösungen integriert wird, aber als Archivierungskomponente allen Anwendungen zur Verfügung steht, deren Informationen langfristig und sicher aufbewahrt werden müssen.

Literatur:
Uwe Borghoff, Peter Rödig, Jan Scheffczyk: Langzeitarchivierung. dPunkt-Verlag, 2003, ISBN 3- 8986-4245-3
Ulrich Kampffmeyer, Jörg Rogalla: Grundsätze der elektronischen Archivierung. VOIKompendium Band 3. VOI Verband Organisations- und Informationssysteme e. V., Darmstadt 1997, ISBN 3-932898-03-6
Ulrich Kampffmeyer: Grundlagen des Dokumentenmanagements. Gabler Verlag 1997, ISBN 3- 4098794-0-4
Ulrich Kampffmeyer: Elektronische Archivierung und Storage-Technologien. Speicherguide [1], 2003
Ulrich Kampffmeyer: Dokumenten-Technologien: Wohin geht die Reise?. Hamburg 2003, 411 Seiten, ISBN 3-9806756-4-5

2. Dokumentenarchivierung und Revisionssicherheit

Der Begriff Revisionssicherheit bezieht sich auf die revisionssichere Archivierung für elektronische Archivsysteme, die in Deutschland den Anforderungen des Handelsgesetzbuches (§§ 239, 257 HGB), der Abgabenordnung (§§ 146, 147 AO), der Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) und weiteren steuerrechtlichen und handelsrechtlichen Vorgaben entsprechen. Der Begriff orientiert sich damit am Verständnis der Revision aus wirtschaftlicher Sicht und betrifft aufbewahrungspflichtige oder aufbewahrungswürdige Informationen und Dokumente. Der Begriff revisionssichere Archivierung wurde 1992 von Ulrich Kampffmeyer geprägt und vom Fachverband der Dokumentenmanagementbranche, VOI Verband Organisations- und Informationssysteme e.V. in einem Code of Practice im Jahr 1996 allgemeingültig veröffentlicht. Revisionssicherheit im Zusammenhang mit der elektronischen Archivierung bezieht sich dabei nicht nur auf technische Komponenten sondern auf die gesamte Lösung. Revisionssicherheit schließt sichere Abläufe, die Organisation des Anwenderunternehmens, die ordnungsgemäße Nutzung, den sicheren Betrieb und den Nachweis in einer Verfahrensdokumentation ein. Wesentliches Merkmal revisionssicherer Archivsysteme ist, dass die Informationen datenbankgestützt wiederauffindbar, nachvollziehbar, unveränderbar und verfälschungssicher archiviert sind. Revisionssichere Archivierung ist ein wesentlicher Bestandteil für die Compliance von Informationssystemen.

2.1 Definition

In Deutschland haben sich für die elektronische Archivierung zwei Definitionen eingebürgert:

Ordnungsmäßigkeit

Vollständigkeit

Sicherheit des Gesamtverfahrens

Schutz vor Veränderung und Verfälschung

Sicherung vor Verlust

Nutzung nur durch Berechtigte

Einhaltung der Aufbewahrungsfristen

Dokumentation des Verfahrens

Nachvollziehbarkeit

Prüfbarkeit

Die Anforderungen und deren Umsetzung sind im Detail den GoBS zu entnehmen. Der Begriff Revisionssicherheit oder revisionssichere Archivierung wird inzwischen auch auf die Archivierung von Informationen außerhalb des handels- und steuerrechtlichen Bereichs angewendet und synonym mit der verfälschungssicheren, langzeitigen Archivierung elektronischer Informationen benutzt.

2.2. Zertifizierung der Revisionssicherheit von elektronischen Archivsystemen

Die Überprüfung der Einhaltung der Vorgaben und die Zertifizierung von elektronischen Archivsystemen, bzw. in kaufmännische Anwendungen oder Dokumentenmanagement integrierte Archivkomponenten, erfolgt in der Regel durch Wirtschaftsprüfer beim Anwender vor Ort. Seitens des IDW, Institut der deutschen Wirtschaftsprüfer, gibt es hierfür mit den FAIT eigene Vorgaben. Die Einhaltung der Revisionssicherheit kann auf Grundlage einer Verfahrensdokumentation auch durch den TÜV-IT zertifiziert werden. Basis hierfür sind die Prüfkriterien für Dokumentenmanagementlösungen (PK-DML) des VOI e.V. Allgemein gültige Zertifizierungen für die Revisionssicherheit einzelner Hardware- oder Softwaresysteme wie z.B. optische Speicher gibt es nicht, da der individuelle Einsatz beim Anwender, die Ordnungsmäßigkeit des gesamten Verfahrens, die Qualität der Informationen und Prozesse sowie der sichere Betrieb Bestandteil der Revisionssicherheit sind.

Literatur
Ulrich Kampffmeyer, Jörg Rogalla: Grundsätze der elektronischen Archivierung. Code of Practice Band 1. VOI Verband Organisations- und Informationssysteme e.V., Bonn, 2. Auflage 1997, ISBN 3-932898-03-6
Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme(GoBS). Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen an die Oberfinanzbehörden der Länder vom 7. November 1995 – IV A 8 – S 0316 – 52/95 – BStBl 1995 I S. 738f
Karl-Georg Henstorf, Ulrich Kampffmeyer, Jan Prochnow: Grundsätze der Verfahrensdokumentation nach GoBS. Code of Practice Band 2. VOI Verband Organisationsund Informationssysteme e.V., Bonn, 1999, ISBN 3-932898-03-6
PK-DML Prüfkriterien für Dokumentenmanagement-Lösungen. VOI Verband Organisationsund Informationssysteme e.V., Bonn, 2. Auflage 2004
VOI Verband Organisations- und Informationssysteme e.V., Bonn: Merksätze des VOI zur revisionssicheren elektronischen Archivierung http://www.voi.de/publikationen/leitfaeden-whitepaper/view_document/299-merksaetze-des-voi-zur-revisionssicheren-elektronischen-archivierung

2.3. Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme

Basisdaten
Titel: Grundsätze ordnungsmäßiger
DV-gestützter Buchführungssysteme
Abkürzung: GoBS
Art: Verwaltungsanweisung
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Handelsrecht, Steuerrecht
Ursprüngliche Fassung vom:
7. November 1995 – IV A 8 – S 0316 – 52/95
BStBl 1995 I S. 738

Bitte beachten Sie den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung! Die Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) sind von der deutschen Finanzverwaltung durch Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 7. November 1995 aufgestellte Regeln zur Buchführung mittels Datenverarbeitungssystemen. Sie sind in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e. V. (AWV) entwickelt worden. Die GoBS werden im Jahr 2005 durch die AWV überarbeitet. Mit der Veröffentlichung der neuen GoBS durch die Bundesfinanzbehörden wird Anfang 2006 gerechnet. In den GoBS wird die Behandlung aufbewahrungspflichtiger Daten und Belege in elektronischen Buchführungssystemen sowie in Dokumentenmanagement- und Archivsystemen geregelt. Ein wesentlicher Kernpunkt ist das IKS „Interne Kontrollsystem„. Die GoBS beinhalten die Vorgaben für die Verfahrensdokumentation, die zum Nachweis des ordnungsmäßigen Betriebes des Systems erforderlich ist. Unmittelbar haben sie nur für steuerliche Buchführung Geltung. Da jedoch zahlreiche – gerade kleine und mittlere (KMU) – Unternehmen eine Einheitsbilanz erstellen, wirken sie sich auch auf die handelsrechtliche Buchführung aus. Denn da so eine große Zahl von Kaufleuten diesen Regeln folgt, werden sie zum Handelsbrauch und somit zu handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung(GoB).

3. Rechtliches

3.1. HGB § 238 Abs.1 Buchführungspflicht

Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.

3.2. HGB § 239 Führung der Handelsbücher

Fassung vom 19. Dezember 1985

  1. Bei der Führung der Handelsbücher und bei den sonst erforderlichen Aufzeichnungen hat sich der Kaufmann einer lebenden Sprache zu bedienen. Werden Abkürzungen, Ziffern, Buchstaben oder Symbole verwendet, muss im Einzelfall deren Bedeutung eindeutig festliegen.
  2. Die Eintragungen in Büchern und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden.
  3. Eine Eintragung oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch solche Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiss lässt, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind.
  4. Die Handelsbücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen können auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden, soweit diese Formen der Buchführung einschließlich des dabei angewandten Verfahrens den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen. Bei der Führung der Handelsbücher und der sonst erforderlichen Aufzeichnungen auf Datenträgern muss insbesondere sichergestellt sein, dass die Daten während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können. Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß.

3.3. HGB § 257 Aufbewahrung von Unterlagen. Aufbewahrungsfristen

Fassung vom 04. Dezember 2004

  1. Jeder Kaufmann ist verpflichtet, die folgenden Unterlagen geordnet aufzubewahren:

      Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse nach§ 325 Abs. 2a, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis

      erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,

      die empfangenen Handelsbriefe,

      Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe,

      Belege für Buchungen in den von ihm nach § 238 Abs. 1 zu führenden Büchern (Buchungsbelege).

  2. Handelsbriefe sind nur Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen.
  3. Mit Ausnahme der Eröffnungsbilanzen und Abschlüsse können die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten

      mit den empfangenen Handelsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,

      während der Dauer der Aufbewahrungsfrist verfügbar sind und jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können. Sind Unterlagen auf Grund des § 239 Abs. 4 Satz 1 auf Datenträgern hergestellt worden, können statt des Datenträgers die Daten auch ausgedruckt aufbewahrt werden; die ausgedruckten Unterlagen können auch nach Satz 1 aufbewahrt werden.

  4. Die in Absatz 1 Nr. 1 und 4 aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre, die sonstigen in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren.
  5. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Handelsbuch gemacht, das Inventar aufgestellt, die Eröffnungsbilanz oder der Jahresabschluss festgestellt, der Einzelabschluss nach § 325 Abs. 2a oder der Konzernabschluss aufgestellt, der Handelsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist.
  6. Die Ordnungsvorschriften gelten auch dann, wenn der Unternehmer Bücher und Aufzeichnungen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, führt, ohne hierzu verpflichtet zu sein.

3.4. AO 1977 § 146 Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen

Neugefasst durch Bek. v. 1.10.2002 I 3866; 2003 I 61, zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 22 G v. 22.
9.2005 I 2809

  1. Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen täglich festgehalten werden.
  2. Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu führen und aufzubewahren. Dies gilt nicht, soweit für Betriebstätten außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes nach dortigem Recht eine Verpflichtung besteht, Bücher und Aufzeichnungen zu führen, und diese Verpflichtung erfüllt wird. In diesem Fall sowie bei Organgesellschaften außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes müssen die Ergebnisse der dortigen Buchführung in die Buchführung des hiesigen Unternehmens übernommen werden, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Dabei sind die erforderlichen Anpassungen an die steuerrechtlichen Vorschriften im Geltungsbereich dieses Gesetzes vorzunehmen und kenntlich zu machen.
  3. Die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen sind in einer lebenden Sprache vorzunehmen. Wird eine andere als die deutsche Sprache verwendet, so kann die Finanzbehörde Übersetzungen verlangen. Werden Abkürzungen, Ziffern, Buchstaben oder Symbole verwendet, muss im Einzelfall deren Bedeutung eindeutig festliegen.
  4. Eine Buchung oder eine Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch solche Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiss lässt, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind.
  5. Die Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen können auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden, soweit diese Formen der Buchführung einschließlich des dabei angewandten Verfahrens den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen; bei Aufzeichnungen, die allein nach den Steuergesetzen vorzunehmen sind, bestimmt sich die Zulässigkeit des angewendeten Verfahrens nach dem Zweck, den die Aufzeichnungen für die Besteuerung erfüllen sollen. Bei der Führung der Bücher und der sonst erforderlichen Aufzeichnungen auf Datenträgern muss insbesondere sichergestellt sein, dass während der Dauer der Aufbewahrungsfrist die Daten jederzeit verfügbar sind und unverzüglich lesbar gemacht werden können. Dies gilt auch für die Befugnisse der Finanzbehörde nach § 147 Abs. 6. Absätze 1 bis 4 gelten sinngemäß.
  6. Die Ordnungsvorschriften gelten auch dann, wenn der Unternehmer Bücher und Aufzeichnungen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, führt, ohne hierzu verpflichtet zu sein.

3.5. AO 1977 § 147 Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagen

Neugefasst durch Bek. v. 1.10.2002 I 3866; 2003 I 61,
zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 22 G v. 22. 9.2005 I 2809

  1. Die folgenden Unterlagen sind geordnet aufzubewahren:
    1. Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
    2. die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe,
    3. Wiedergaben der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
    4. Buchungsbelege,
      1. Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung nach Artikel 77 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 62 Abs. 2 Zollkodex beizufügen sind, sofern die Zollbehörden nach Artikel 77 Abs. 2 Satz 1 Zollkodex auf ihre Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurückgegeben haben,
    5. sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.
  2. Mit Ausnahme der Jahresabschlüsse, der Eröffnungsbilanz und der Unterlagen nach Absatz 1 Nr. 4a können die in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht und sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten

      mit den empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,

      während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar sind, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können.

  3. Die in Absatz 1 Nr. 1, 4 und 4a aufgeführten Unterlagen sind zehn Jahre, die sonstigen in Absatz 1 aufgeführten Unterlagen sechs Jahre aufzubewahren, sofern nicht in anderen Steuergesetzen kürzere Aufbewahrungsfristen zugelassen sind. Kürzere Aufbewahrungsfristen nach außersteuerlichen Gesetzen lassen die in Satz 1 bestimmte Frist unberührt. Die Aufbewahrungsfrist läuft jedoch nicht ab, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist; § 169 Abs. 2 Satz 2 gilt nicht.
  4. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.
  5. Wer aufzubewahrende Unterlagen in der Form einer Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern vorlegt, ist verpflichtet, auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die Unterlagen lesbar zu machen; auf Verlangen der Finanzbehörde hat er auf seine Kosten die Unterlagen unverzüglich ganz oder teilweise auszudrucken oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen beizubringen.
  6. Sind die Unterlagen nach Absatz 1 mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden, hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen zu nutzen. Sie kann im Rahmen einer Außenprüfung auch verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben maschinell ausgewertet oder ihr die gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung gestellt werden. Die Kosten trägt der Steuerpflichtige.